Stilrichtung & Design

Sicherlich werden nun einige denken »Moment mal. Der Zeichenstil ist es doch, der jeden Zeichner auszeichnet!«

Richtig und auch falsch. Jeder Zeichner hat über die Jahre seinen eigenen Zeichenstil gefunden und definiert dadurch seine Arbeiten.

Es kann allerdings zuweilen dazu führen, daß Raumschiffe ganz verschiedener Völker mit gänzlich unterschiedlicher Technik durch den gewohnten Zeichenstil eines Zeichners zu uniform erscheinen und nicht den gewünschten technischen und kulturellen Unterschied aufzeigen.

Ganz besonders wichtig wird eine solche Stilanpassung bei vorgegebenen Objekten aus Film und Fernsehen.

Hier ist es von besonders großer Bedeutung, daß der Zeichner mit seinen Aggregaten und Innendesigns möglichst nahe am ursprünglichen Design bleibt, um so eine hohe Glaubwürdigkeit der Zeichnung zu erreichen.

Man kann sicherlich keine ORION VII mit ähnlichen Innendetails bestücken wie einen BATWING oder gar einen CETA-Fighter aus Babylon 5.

Hier ist besonderes Fingerspitzengefühl und - fast noch wichtiger - genaue Recherche erforderlich. Ähnlich wie die Autoren, hat auch der Zeichner die Pflicht, alle verfügbaren Daten für eine Zeichnung zu recherchieren, um so eine möglichst hohe Übereinstimmung mit evtl. schon bestehenden Typen und Daten zu gewährleisten.

Hier soll gezeigt werden, welche Möglichkeiten der Risszeichner bei der Formgebung der Aggregate hat, und welcher Vielfalt von Spielarten er sich bedienen kann. Dadurch wird dann insbesondere der Zusammenhang der Formgebung etwas klarer.

Verfolgen wir dies einmal an dem Beispiel eines Triebwerkes, das ich für diesen speziellen Zweck im CERES Spezial von 1984 erarbeitet habe.

Als erstes zeige ich eine 'normale' Zeichnung mit »Rotationsaggregaten« (Abb. 01) wie sie häufig in Bernhard Stoessels Arbeiten enthalten waren.

Hierbei werden vorwiegend Lineal und metrische Schablonen verwendet.

Als eine Zeichnung (Abb. 02), bei der die Einflüsse der zweiten Zeichnergeneration, insbesondere Günter Puschmann, offensichtlich werden. Hier finden abgerundete Ecken, sowie vielfach unterbrochene Flächen, Anwendung. Auch hier wird mit Lineal und Schablonen gearbeitet, wobei jedoch die Ecken zumeist per Hand 'abgerundet' werden.

Als dritte Version das gleiche Triebwerk einmal vollkommen in einer quadratischen Form (Abb. 03), quasi als Extrem zu den obengenannten Stilrichtungen; wobei nur noch das Lineal Anwendung findet.

Die letzte Version zeigt den sogenannten FUN & FANTASY-Stil (Abb. 04), der vorwiegend von den 'Paradiesvögeln' unter den Risszeichnern benutzt wurde.

Hierbei wird beinahe alles mit der Hand gezeichnet und nur selten Schablone oder Lineale verwendet.

Diese Form der Zeichnung wurde vorwiegend von drei Zeichnern benutzt: Manuel de Naharro, Paul Delavier und Jürgen Rudig, wobei jedoch jeder seine eigene Formgebung hatte und die Abbildung hier eher zu deNaharro passen würde.

Hat sich der Risszeichner für eine bestimmte 'Stilrichtung' entschieden, so sollte er darauf achten, daß er diese konsequent durchzeichnet, damit die grafische Arbeit zu einer homogenen Einheit wird. Stiländerungen innerhalb der Zeichnung können einen schönen Kontrast bilden, jedoch auch die Wirkung einer Zeichnung vollkommen zerstören wenn sie nicht miteinander harmonieren.

Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, und Regeln gibt es eigentlich nicht. »Erlaubt ist, was gefällt!«

Allerdings erfordert es eine ganze Menge Einfühlungsvermögen, immer wieder neue Formen für immer neue Völker zu entwickeln und diese dann einigermaßen glaubwürdig umzusetzen.

Leider gehen einige Zeichner den einfachen Weg und zeichnen durchweg ihren eigenen Stil, was sicherlich legitim, aber der Zeichnung nicht immer ganz zuträglich ist. Etwas mehr Experimentierfreudigkeit und etwas mehr Mut zum Ungewöhnlichen wären manchmal angebrachter.