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Terranische Freizeiteinrichtungen

XMPL-Tempel

Obwohl es mittlerweile XMPL-Tempel in fast jeder größeren Stadt gibt, weiß heutzutage kaum noch jemand, daß der Ausdruck "Exampeln", eine Verballhornung des ursprünglichen Begriffes "XMPL", die Abkürzung des Ausdruckes "Xenomorph Personal Library" darstellt. Dieser Begriff aus einer längst ausgestorbenen altterranische Sprache bedeutet übersetzt etwa "Fremdgestaltige Persönlichkeits-Bibliothek".

Bei dieser Art der Unterhaltung schlüpft das Bewußtsein einer Person im Raum einer virtuellen Realität in den Körper von z. T. sehr unterschiedlichen Fremdwesen.
Oder, wie es die Werbung ausdrückt: "Wolltest Du nicht immer schon mal wissen, wie man sich als Haluter fühlt? Mach' die Probe aufs XMPL."

Wie könnte es anders sein, ist diese Technik ursprünglich aus der militärischen Anwendung heraus entwickelt worden:

Denn schon jeher ist es Grundbestandteil jeglicher operativer Aufklärung, sich in die Psyche des Gegners hineinzuversetzen, um auf seinem ureigenstem Territorium unerkannt zu agieren.

Die ersten belegten Versuche, sich in den Geist und die Gestalt von Fremdwesen zu versetzen, gehen auf das Jahr 2327 zurück [1], als eine terranische Einsatzgruppe unter Mitwirkung der Mutanten Tako Kakuta und Fellmer Lloyd als Blues getarnt in das Hoheitsgebiet des Zweiten Imperiums vordrangen.

Die Mitglieder des Einsatzkommando wurden seinerzeit durchschaut, weil sie sich umdrehten um nach hinten zu sehen, obwohl sie vieräugige Blues darstellten.

Ein ähnlicher, nie offiziell bestätigter Fall soll sich zu der Zeit zugetragen haben, da die Erde auf der Flucht vor dem Hetos der Sieben im Mahlstrom der Sterne gestrandet war (3460 n. Chr.) [2]: Bei getarnten Operationen auf dem Gebiet der insektoïden Ploohns kamen modifizierten Deflektorschirme zum Einsatz, auf die das vorher aufgezeichnete Abbild eines Ploohns projiziert wurde.

Das Einsatzkommando verriet sich dadurch, daß die projizierten Ploohns mit ihren Fühlern nonverbale Aussagen machten, die zu der Situation im krassen Gegensatz standen.

Diese Fehlschläge machten deutlich, daß es in solchen Fällen nicht genügt, nur die Physiognomie eines Lebewesens nachzuahmen; man muß sich auch in die Psyche eines Lebewesens hineinversetzen, um den nachgeahmten Körper speziesgerecht einzusetzen [3]

Unmittelbar im Anschluß an die Ereignisse von 2327 [1] wurde erstmals versucht, freiwilligen Probanden mit der Technik der Hypnoschulung bzw. mit Hypnostrahlern zeitweilig eine fremdartige Psyche aufzuprägen (® Abb. 1). Da jedoch schwerste psychische Störungen bei den Freiwilligen auftraten, wurden diese Art von Versuche für mehr als 100 Jahre eingestellt.

Ein späteres Versuchsvorhaben zu diesem Thema führte zwar nicht zu dem gewünschten Erfolgt, dafür aber als Nebenprodukt zu der Entwicklung der SERT-Haube [4].

Erst die Technik, die im Simusense für die Versklavung der Menschheit von Terra unter der Monos-Diktatur eingesetzt wurde, bildete in ihrer späteren kommerziellen Variante die Grundlage für das heute angewandte Exampeln.

Die angewandte Methode unterscheidet sich grundlegend von der, wie sie in z.B. Holoräumen praktiziert wird. Dort bewegt sich die Person durch eine täuschend echt dargestellte Hologramm-Scheinwelt.

Beim Exampeln dagegen werden die Nervenimpulse an das Gehirn dermaßen gefiltert und aufbereitet, daß für die Person tatsächlich der Eindruck entsteht, man befände sich in einem fremden Körper der z.B. sechs Finger hat.

Grundsatz vor jedem Eintauchen in eine fremde Gestalt ist eine ausführliche körperliche und psychisch Untersuchung, ob die Person überhaupt für die Behandlung geeignet ist. Eine statistische Auswertung [5] hat ergeben, daß 14 Prozent der Terraner (im genetischen Sinne) für eine XMPL-Behandlung ungeeignet sind. Hauptgründe hierfür sind motorische Störungen, psychische Labilität sowie, zu einem geringen Teil, unterbewußte fremdenfeindliche Einstellungen.

Wurde zu den frühen experimentellen Zeiten der Körper auf einer Konturliege ruhiggestellt und mit einem Wust an Kabel mit der Steuerpositronik verkabelt ,

so ruhen die Kunden heute berührungsfrei in einer Art Isolationstank, welcher die Sinnenswahrnehmungen des Körpers auf ein Minimum reduzieren.

Unter den wachsamen Augen von qualifiziertem Fachpersonal (® Abb. 2) induziert die Steuersyntronik in einer Vielzahl von Gehirnregionen eine Komposition von virtuellen Sinneseindrücken, die in ihrer Gesamtheit das unvergleichliche Erlebnis einer XMPL-Erfahrung erzeugen.

  

Es gibt verschiedene XMPL-Szenarien, die in vier Stufen [6] unterteilt sind.

-      In der Stufe 1 findet man Fremdwesen, die sich von Terranern nur durch ihre Größe oder durch geringfügige Unterschiede in der Gestalt unterscheiden, wie etwa Siganesen oder Ertruser.
Klassiker in diesem Genre sind "Die unglaubliche Geschichte des Mr. C" sowie "Die Abenteuer von Lemy Danger und Melbar Kasom".

-      Die 2. Stufe stellt schön höhere Ansprüche an den Zerstreuungssuchenden.
In dieser Klasse ist die Anzahl der Extremitäten noch gleich der menschlichen, aber Unterschiede im Körperbau oder der Wahrnehmung stellen den Ungeübten vor erste echte Probleme.
Als Jülziish (Blues) muß man z.B. nicht nur mit dem Schwierigkeit fertig werden, daß sich der Kopf am Ende eines ca. 30 cm langen, dürren und biegsamen Hals befindet. Da die Blues über vier Augen verfügen wird man vor das Problem gestellt, gleichzeitig nach hinten und nach vorne zuschauen [7].

-      Die Stufe 3 ist dadurch gekennzeichnet, daß die Anzahl der Extremitäten um 1 bis 2 erhöht ist.
Die Schwierigkeit in dieser Stufe liegt darin, die Bewegung von 4 Armen oder Beinen zu koordinieren.
Notwendige Bedingung zum Zugang zu Szenarien dieser Stufe, ist der erfolgreiche Abschluß der vorherigen Stufen, sowie eine positive medizinische Überprüfung der physischen und psychischen Gesundheit.
Das beliebteste Anfängerprogramm in dieser Klasse ist "Haluter im Porzelanladen": In diesem Szenario muß man sich in der Gestalt eines Haluters durch einen vorgegebenen Parcours eines nostalgischen, terranischen Kaufhauses bewegen. Ziel ist es, mit einem Geringstmaß an Zerstörung die Abteilung "Haushaltswaren" zu durchqueren. Mit drei Augen und einem zusätzlichen Armpaar ist dies gar nicht so einfach.

Das Planhirn der Haluter kann in dieser Simulation übrigens nicht nachgestellt werden. Hier stößt die Simulationstechnik an ihre Grenzen.

-      Die höchste Stufe 4, stellt besondere Ansprüche an die psychische Stabilität einer Person und wird nicht in einem öffentlichen XMPL-Tempel angeboten. So würde allein die Informationsfülle von mehr als vier Augen bleibende psychische Schäden bei 95% aller Durchschnittsterraner verursachen [8].
Szenarien dieser Stufe unterliegen deshalb der Beschränkung und dürfen nur zu wissenschaftlichen und militärischen Zwecken ausgeführt werden.

Neben der freizeitbezogenen Anwendung gibt es allerdings auch ernste Anwendung.

So ist ein Praktikum in Exampeln Teil des Grundstudiums der Xenopsychologie [9].

Im Studium der Medizin kann Exampeln als Nebenfach gewählt werden.

Allerdings darf nicht unerwähnt bleiben, daß es neben den offiziellen, staatlich kontrollierten XMPL-Tempeln auch hier einen Schwarzer Markt für Szenarien gibt, in dem alles angeboten wird, was der Kunde haben will und bereit ist zu bezahlen. Denn obwohl Szenarien mit xenomorphen Sexualpraktiken streng verboten sind, ist in den sogenannten Rote-Tempeln jede Art von Szenario erhältlich. Und ich meine damit jede!

Durch diese Rote Tempel sind leider auch die offiziellen XMPL-Tempel in jüngster Zeit in ein schiefen Licht der Öffentlichkeit geraten, nicht zuletzt durch die spektakulären Verhaftungen hochrangiger GaGuas im XMPL-Tempel von Kalkutta.

Anmerkungen/Quellenangaben:

[1]      "Spione von der Erde" in "Pangalaktischer Report PR 167"

[2]      Pangalaktischer Report PR 676 - 695

[3]      Eine weiterer, offiziell nie bestätigter Versuch der Infiltrierung, bei der diesmal den Fremdwesen mittels Hypnoprojektoren einsuggeriert wurde, die Mitglieder eines Einsatzteams der USO seien Angehörige dieses Volkes, endete, ebenso schnell wie das Einsatzteam, mit der Erkenntnis, daß nie 100% einer Bevölkerung hypnosuggestiv beeinflußt werden können.

[4]      Senco Ahrat: "Mein Leben unter der Haube"

[5]      Dr. Ing. Dr. med. Kion a Thomek: "XMPL - Eine Auswertung"

[6]      Conway/Prilicla/White "Physiologische Klassifikation"

[7]      Dieses Szenario hat in einem zentraleuropäischen Bundesstaat von Terra ein beträchtliches Eigenleben entwickelt. Alljährlich wird während der Zeit des hier verbreitetem Brauchtum des "Karnevals" die sogenannte "Blues-Kopp-Olympiade" ausgerichtet. Die Wettkämpfer tragen nachgebildete Jülziish-Köpfe in denen ein System von Spiegeln und Linsen die Träger zu einem Blick nach vorne und nach hinten zwingt. Die unter diesen Voraussetzungen ausgetragenen Wettkämpfe finden meist unter dem Einfluß von Äthanol statt und erscheinen für Außenstehende oft befremdlich.

[8]      Die Erfahrung die Reginald Bull am 4. Januar 1200 NGZ beim Umgang mit der Maske der arachnoïden Arcoana machte, werden inoffiziell als fünfte Stufe des Exampelns gehandelt. Unter dem Einfluß dieser Maske geriet Bull in die Gefahr seine geistige Gesundheit unter dem (Sinnes-) Eindruck einer Welt aus acht Beinen und acht Augen zu verlieren.

[9]      Prof. Dr. Chaporpunczet Haynyget: "Grundstudium der Fremdrassen"

Aktueller Nachtrag des Terranischen Ordnungsamtes

Der Autor dieses Artikels wurde vor zwei Tagen verhaftet.

Ihm werden Verbindungen zu den Galactic Guardian und zum terranischen Rote-Tempel-Milieu zur Last gelegt.

Wir weisen nachdrücklich auf die Gefahren hin, die ihnen in Roten Tempeln drohen!

Neben einer zweifelhaften medizinischen Überwachung während des Exampeln, ist es Ihre mentale Gesundheit die auf dem Spiel steht, wenn Sie sich Szenarien aussetzen, die Sie geistig und moralisch nicht verkraften.

Begeben Sie sich nur in offizielle und staatlich kontrollierte XMPL-Tempel!
Das Benutzen nicht lizensierter XMPL-Szenarien ist strafbar!

 

Text & Zeichnung: © by Dieter Bohn